No Greenhorns on the Big Greenhorn
Samstag: Unsere anspruchsvolle Reise begann am 20.Juli morgens um halb neun am Bahnhof Brig. Tourenleiter Eelco begrüsste Mario Locher und mich für den sehr knackigen Dreitäger. Mit Vollpack machten wir uns mittels Mutter Gottes Bahn auf den Weg nach Fiesch. Von dort nahmen wir die Seilbahn Richtung Fiescheralp. Hierbei konnten wir die Bauphase der neuen ÖV – Infrastrukturen begutachten. Bei einem Café im Restaurant Alpina erklärte Eelco alle Details zur bevorstehenden Tour. Wir durchquerten den Tälligrattunnel und wanderten am Märjelesee vorbei. Und da war er um die Ecke; der grosse Aletschgletscher. Mit Steigeisen liefen wir den Mittelstreifen hinauf, querten hin und her, mal sprangen wir über die Spalten, staunten über Eisnasen, Bäche oder wie gross die Gletschertafeln waren. Sonne tanken war angesagt. In einem mehrstündigen Gletschertrekking strebten wir den Weg zur Konkordiahütte an. Rund einen Kilometer vor der Hütte konnten wir rechts in den Einstieg des Südzugangs zur Hütte finden, welche 150hm über uns lag. Markiert mit einem Roten Punkt am Felsen und einer SAC Fahne liefen wir zielstrebig unserem verdienten ersten Bier entgegen.
Die Aussicht auf der Terrasse war ein echter Leckerbissen und fieberten via Handy noch die 20. Etappe der Tour de France, welche ebenfalls im Gebirge über die Bühne ging. Als wir uns zum z`Nacht traffen, stellte sich heraus, dass in der halb vollen Hütte sehr viele Gletschertrekker angereist waren. Um halb sieben gab es standarisiert z`Nacht und wir wurden mit Suppe, Salat und Spaghetti Bolognese und einem Dessert verwöhnt. Eelco unterhielt sich noch mit zwei Belgierinnen aus dem Wallis auf flämisch und es stellte sich heraus, dass sie am Sonntag auch Richtung Grossgrünhorn wollten. Wir liessen gemütlich den Abend ausklingen und verkrochen uns allmählich in unsere Schläge.
Sonntag: Ich erwachte um 03:45, als ich rauschendes Wasser hörte? Was! Es war der Regen, der die Rinne neben der Hütte hinunterlief. Schnell weckte ich Eelco und Mario und besprachen uns kurz. Wir blieben definitiv noch ein bisschen im warmen Bett. Das Wetter war am Morgen schlechter. Dafür versprachen die Prognosen einen guten Nachmittag. Gut gestärkt machten wir uns auf den Weg die 467 Treppenstufen hinunterzusteigen. Es regnete gerade nicht und deshalb nutzten wir die Gelegenheit. Wir schlenderten gemeinsam mit dem Belgierinnen Duo in Richtung Grünegghorn. Es war kalt, regnerisch und neblig. Eelco spurte den mühsamen Weg zum Couloir hoch bis auf 3500m.ü.M. Danach konnte ich an Führungsverantwortung schnuppern und wir nahmen die „Erhard Loretan Flanke» in Angriff. Auf dem Grat angelangt stellten wir schnell fest, dass sich hierbei um loses Gestein handelt. Wir kletterten den frisch eingeschneiten Grat hoch und feierten unseren ersten Gipfelerfolg, das Grünegghorn auf 3859m.ü.M. Für die Belgierinnen war hier Schluss. Wir stiegen vorsichtig nördlich ab und visierten das Gross Grünhorn an, wo wir auch eine alte verschneite Spur vorfanden. Über den Schrund, dann westlich haltend am Grat immer Richtung Gipfel. Nach ca. 8 Stunden unterwegs hatten wir den Gross Grünhorn Gipfel auf 4044 m.ü.M. um ca. 13:00 Uhr erreicht. Was für eine Aussicht inmitten dieser Gletscher- und Gebirgslandschaft!
Die Zeit war rasant fortgeschritten und wir machten uns an den Abstieg. In etwa um 14:00 erreichten wir direkt die Abseilpiste auf 3800m.ü.M. An diesem Tag hatte ich womöglich ein gutes Gespür für BH und Stände. Eelco vermittelte Mario und mir die Vorgehensweise zum Abseilen. Prompt nach 21m fand ich den ersten darunterliegenden Stand. Es wird gemunkelt, dass die Wegfindung dieses Abseilpiste sich schwierig zeigt. Wir jedoch fanden uns gut zurecht und ich fand die versteckten Stände zügig, hatten aber in der 4-5 SL ganz ein anderes Problem. Das Seilende hat sich beim Herausziehen an einer Felskante festgeklammert. Und dies noch mitten in der Wand. Eelco kletterte tapfer im Vorstieg und löste es. Es war viel Zeit vergangen und wir waren schlussendlich 4 Stunden in einer Wand von über 160m am Abseilen. Die Stände waren verschiedentlich mit Schlingen und Reepschnüren an Zacken und Muniringen befestigt. Wir waren alle sehr froh nach 18:00 Uhr über den Bergschrund springen zu dürfen und uns dem Gletscher Richtung Hütte zu begeben. Nach dem ersten Handysignal informierte Mario die Finsteraarhornhütte, dass wir wohlauf sind und uns zur Hütte begaben. Zum pünktlichen z`Nacht reichte es uns nicht mehr.
Auf dem Gletscher fanden wir eine verregnete Spur, der wir teils folgen konnten. Durch den warmen Nachmittag war der Schnee weich und wir traversierten den Walliser Fiescherfirn – Fieschergletscher in Richtung Einstieg Finsteraarhornhütte. Endlich am Fusse angekommen rissen wir die Steigeisen ab und absolvierten noch die letzten Höhenmeter zur Hütte hinauf. Endlich war es geschafft. Nach 15h und 10min begrüsste uns Vreni in der Finsteraarhornhütte! Mit einem privaten Dinner von Suppe, Salat und Teigwaren mit Fleischvogel und Caramelcreme inkl. Nusstorte konnten wir uns stärken. Viel los war auf der Hütte an einem Sonntagabend überhaupt nicht. Erschöpft zufrieden genossen wir zu dritt unser Zimmer wo wir in unseren Gedanken vom erlebten Sonntag ins Träumen gelangt sind.
Montag: Der Wecker klingelte gegen sechs Uhr morgens. Vreni begrüsste uns mit einem Frühstück. Heute war die Rückreise via Fieschergletscher auf dem Programm. Wir machten uns auf den Weg und kamen erst gut vorwärts. Irgendwann war unser Fokus auf Blindgänger gerichtet. Sie häuften sich und irgendwann nach 30 Stückzahlen hörten wir dann auf. Wir konnten aber auch sehr viel Mutternatur entdecken. Wie das Gletschertor und die Seen, die sich bilden. Der Gletscher wurde allmählich komplizierter und wir langsamer. Wir schlichen am Rand des Gletschers und durchquerten auch mal nicht ganz katholische Stellen aber es wollte einfach nicht aufhören. Es kam mir wirklich endlos vor und die Seracs waren immer noch da. Gefolgt von Steinbergen und Treibsand. Irgendwann sah Mario auch mal Spuren im Sand und der Hoffnungsschimmer nach Zivilisation stieg. Wir stiessen auf eine blau-weisse Markierung, welche hinauf zur Burghütte führte. Mittels installierten Kletterstahlseilen überwunden wir die glatte Steinoberfläche, die das Wasser über die Jahre geschliffen hatte. Jetzt hiess es rund 600hm nochmals hinunter ins Fieschertal.
Auf die Minute genau konnten wir ins Postauto zurück nach Fiesch Bhf einsteigen. Wir liessen im Zug nach Brig den vergangenen 3-Täger Revue passieren und kamen zum Schluss, dass für solche Touren sich keine unerfahrenen Mitglieder einschreiben sollten. Jeder, der solche Touren anstreben will, sollte sich zuerst dem Grundkurs und dem Fortgeschrittenen Hochtourenkurs widmen und dies mit Kondition vertiefen. Aber dies nur am Rande: Was für ein Abenteuer! Das wichtigste ist immer, alle kommen ganz wieder zurück. Wir waren mit Eelco stets sehr safe unterwegs und niemand ist in eine Spalte gefallen oder des weiteren Übels. Mersi an meine Kameraden Eelco und Mario für die tolle Monstertour!