Albigna erschrickt mit einem sanften huuui buuuuh!
Tag 1, 29. Juli
Aufgrund Gewittermeldungen für den Nachmittag traf sich die Klettergemeinschaft bereits um 9 Uhr morgens in Chiavenna bei Cappucchino und Brioches. Von überall her waren wir angereist, nämlich vom Simplon über Lecco die einen, andere aus Konstanz und einige aus dem Goms über den Splügenpass. Schon wenig später kletterten wir im Klettergarten des Sasso Bianco bei Prata/Chiavenna.
Nachdem zu Beginn des Nachmittags dunklere Wolken am Horizont erschienen, mahnte Simone zum Aufbruch nach Pranzaira. Die kurze Fahrt mit der Seilbahn brachte uns Richtung Staumauer Albigna. Von dort ging’s zu Fuss in die gleichnamige Hütte. Es war drückend heiss und nach einigen Regentropfen im Wechsel mit Sonnenstrahlen fühlte man sich während des Aufstiegs wie im feuchten Urwald. Kuchen, Kaffee, Bier oder Möhlsaft rundeten den Nachmittag ab. Zum Abschluss des Tages gab es noch ein feines Nachtessen sowie die Planung für den nächsten Tag.
Tag 2, 30. Juli
Jan verliess uns nach dem Frühstück Richtung Staumauer, wo er sich mit Karsten traf. Die Beiden wollten an der Spazzacaldeira klettern. Alle andern, d.h. vier Seilschaften, machten sich auf zum Pizzo Balzetto, wo der klassische Südgrat auf dem Programm stand. Wir waren alleine am Einstieg. Einzig ein Bergführer mit Gästen stand bereits einige Seillängen höher auf dem Grat. Alle Seilschaften bewältigten die Route sowie den nicht ganz einfachen Abstieg recht gut und lagen zeitlich im Rahmen. Ein schöner Grat, um sich mit dem Granit anzufreunden. Die Unersättlichen Angela, Francine und Simone begaben sich beim Abstieg noch Richtung Klettergarten Piz dal Päl, wo sie ihre letzten Energien loswerden konnten. Vor dem Abendessen trafen wir uns alle glücklich und zufrieden vor der Hütte an einem windgeschützten Plätzchen zu einem Schwatz über den gelungenen Tag. Jan und Karsten wussten da so einiges zu berichten von ihrer Rekognoszierung an der Spazzacaldeira. Die Älplermagrone als Hauptgang des Abendessens mundeten wunderbar und nachdem alle wussten, was sie anderntags klettern wollten, hiess es frühzeitig unter die Decke schlüpfen.
Tag 3, 31. Juli
Am Samstag klingelte der Wecker bereits um 5.45., Frühstück um 6 Uhr , Start um 6.30 Uhr.
Ziel war die berühmte Fiamma an der Spazziacaldeira. Wir wollten vor der 1. Bahn (die die Kletterer von unten hochgondelt) an den verschiedenen Einstiegen sein, was auch hervorragend geklappt hat. 3 Teams bestehend aus Jan&Carsten, Diana&Francine und Patrick&Teresa wollten über die Leni und den alten Militärweg die Fiamma erreichen. Vedrana&Alexandra und Angela&Simone hatten den klassischen NO-Grat als Route gewählt.
Mit ein paar guten Tipps vom Hüttenwart lief die Routenfindung sehr gut und um 11 Uhr standen 4 aufgeregte Mädels alleine vor der schmalen Felsnadel. Mit guter Atemtechnik (die Route ist doch etwas knapp abgesichert) erreichte ich die Spitze und Vedrana und Angela folgten zum Foto-Hotspot. Alexandra studierte derweil die einzelnen Kletterzüge aus der Ferne, machte viele Fotos und verschob die Besteigung auf ein anders Mal. Nach und nach kamen viele weitere Seilschaften aus den verschiedenen Routen um einmal auf der Fiamma zu posieren, während wir einen gemütlichen Platz suchten um auf unsere Kollegen zu warten. Jan und Carsten hatten wir schon von der Gipfelnadel aus erspäht. Sehr exponiert. Statt dem Militärweg bevorzugten sie ein weiteres Abenteuer und nahmen die etwas schwierigere Route Spazzia Alta in Angriff und waren etwas länger unterwegs, während das Mix- und das Damenteam nach einiger Zeit eintrudelten. Diana und Francine nutzen die Chance, das es an der Fiamma schon wieder ruhiger geworden war und sprinteten an den Einstieg. Alle anderen konnten den Beiden entspannt zuschauen und viele weitere Fotos machen. Die Herren verzichten aus diversen Gründen (wahrscheinlich hatte sie Leni doch etwas gefordert) auf die letzte Seillänge-aber sie standen ja schliesslich schon vor 4 Jahren oben am Spitz. Gemütlich machten wir uns an den Abstieg zur Staumauer und verabschiedeten uns dort von einigen. Nur noch zu sechst liefen wir danach wieder die 30 min zur Hütte hoch und genossen die Sonne und das Bier.
Tag 4, 01. August
Besuch beim Albigna Geist
Kennst du die Sage vom Albigna Geist? Es ist wirklich war! Hier hochhoben in den rauen und steilen Granitwänden des Bergell ist er zuhause. Der Albigna Geist. Still und leise beobachtet er das Treiben der Kletterer an der Spazzacaldeira. Am liebsten erschrickt er die armen ahnungslosen Kletterer mit weiten Hakenabständen! Wer sich davon jedoch nicht abschrecken lässt, den erschrickt der Geist mit einem sanften huuui buuuuh! Fast jeder der hier oben war hat den Geist schon einmal gesehen. Aber nur die wenigsten trauen sich diesen «face to face» in die Augen zu schauen. Am letzten Tag wollten wir diesen Geist einen Besuch abstatten und uns davon überzeugen, dass die geheimnisvollen Geschichten war sind.
Nachdem wir ausgeschlafen hatten, trudelten um 7 Uhr alle zum Frühstücksbrunch ein. Frisch gestärkt begaben wir uns dann an den Zustieg. An der Staumauer angelangt machten wir unser Materialdepot. Von dort aus liefen wir direkt weiter bis zum Einstieg der Route «Spidi». Aber als wir so anfingen herumzuklettern, kam der Albigna Geist auch zu uns! Einen Kletterer nach dem anderen erschrak der Geist. Als erstes begegnete er Angela in der ersten Seillänge, welche darauf ganz blass im Gesicht wurde und die Lust am Vorstieg verlor. Als zweites erschrak er Patrick so sehr, dass dieser sich direkt zum Abbruch und zum Abseilen entschloss. Auch Jan erwischte es in der 2. Seillänge kurz. Doch tapfer und unerschrocken rappelte er sich wieder auf und setzte seinen Weg zusammen mit Simone fort. In der dritten Seillänge hatte auch Francine ihre persönliche Geistererfahrung. Plötzlich ging mitten auf der Platte einen Meter über dem letzten Haken gar nichts mehr. Kein vor und kein zurück! Der Schreck sass ihr wirklich tief in den Knochen. Aber wir wussten uns zu helfen. Mit etwas Musik versuchten wir die Stimmung wieder aufzulockern und den Geist zu vertreiben. Mit Erfolg! Im Partymodus tänzelte sich Francine die Granitplatte weiter hoch. Doch plötzlich war Schluss. Der Geist lässt sich schliesslich nicht von jeden besuchen! Und so kam der Geist zum Felsen rausgekrochen und zauberte uns die Klettergriffe weg. Der nächste Haken über die glatte Platte war für uns nun unerreichbar und wir mussten uns zum Abseilen entschliessen. Als Dank für die schönen Klettertage hinterliessen wir dem Geist aber Francines schönsten Schraubkarabiner als Opfergabe. Nur Jan und Simone hatten die Ehre den Geist persönlich zu besuchen und ihm direkt in die Augen zu schauen. Sie durften die Route bis zum Ende klettern. Nachdem alle wieder heil am Boden ankamen machten wir uns mit der Bergbahn zurück ins Tal. Dort verabschiedeten wir uns voneinander.
Wir bedanken uns beim Albigna Geist für vier wunderschöne Klettertage im Bergell. Danke an die Tourenleiter für die tolle Organisation und den unerschrockenen Seilführern für Ihren Mut, der tolle Touren im besten Bergeller Granit ermöglichte. Besonderer Dank geht an das Hüttenteam der Albignahütte für die herzhafte Verpflegung und Gastfreundschaft.
Tourenleitung | Jan |
Seilführer | Simone, Patrick |
Bericht Tag 1 und 2 | Diana |
Bericht Tag 3 | Simone |
Bericht Tag 4 | Karsten |
Fotos | Alle |
Teilnehmende | Karsten, Diana, Francine, Teresa |
Teilnehmende | Vedrana, Alexandra, Angela |