Frauenpower – Zwei Hähne in einem Hühnerhaufen

Freitag, 29. Juni 2018

Wir trafen uns am Freitagmorgen nach Anfahrt aus sämtlichen Himmelsrichtungen beim noch in der Schweiz gelegenen Lac d› Emosson. Bei wunderschöner Aussicht stellte sich gegenseitig vor wer sich noch nicht kannte. Nach strategischem Packen machten wir uns dann auch schon direkt auf den nicht ganz kurzen Weg über Fels und Schnee zum Klettergartensektor Marsupilami (welchen Jan und Simone bereits am Vortag erkundet hatten). Dort gab es – erst recht nach fleissigem Schneeschaufeln durch Karsten und Jan – eine gute Auswahl an Ein- und kurzen Mehrseillängenrouten im 5. und 6. Grad. So verteilte sich die 10köpfige Gruppe auch bald über die gesamte Breite des Sektors, welchen wir in abgeschiedener Einsamkeit auch vollständig einnehmen konnten.

Der rauhe Fels war griffig und bot unzählige Möglichkeiten für die Füsse – hatte man das Vertrauen in diese einmal erworben. Die Absicherung war (fast immer) den jeweiligen Wünschen und Vorstellungen entsprechend. Die Zeit verging im Nu, und schon begaben wir uns im Rutschschritt auf den Rückweg über die Schneefelder.

Nach der kurzen Weiterfahrt bis Vallorecine (FR) sowie ausgedehnter Begrüssung in der Unterkunft Chalet Skiroc folgte jedoch erst die wahre Meisterleistung des Tages: Der SAC Saas Rekord im Schnellduschen. Entsprechend schafften wir es wider Erwarten beinahe pünktlich zum Abendessen in der Ferme des 3 Ours. Nur waren halt Diana und Fidelis, welche sich uns ab diesem Zeitpunkt anschlossen, noch ein wenig pünktlicher. Die nahrhaften regionalen Spezialitäten stillten unser Hüngerchen ganz prima, und mit einem feinen Dessert zum Abschluss (in den meisten Fällen warme Schokoladentorte) hatte dann auch der/die Letzte seine Speicher für den nächsten Tag wieder gefüllt. Nicht mehr ganz so leicht fiel aufgrund der wohligen Müdigkeit dann die Routenplanung für Samstag, doch schliesslich fielen wir alle mit Vorfreude auf den nächsten Tag ins Bett.

Samstag, 30. Juni 2018

Bei schönstem Wetter sind wir am Samstag mit der Gondelbahn von Chamonix hoch auf La Flégère. Nach der Sesselliftfahrt bis l’Index ging es in 2er und 3er Seilschaften in verschiedene Richtungen: Vedrana und Karsten zur Chapelle de la Glière, Susann, Angela, Dalia, Francine, Karin und Jan in den Sektor Floria und Simone, Diana und ich zur Aiguille Gaspard.

Der etwas längere Zustieg zum Fels verlief im trittfestem Schnee ohne Probleme. Da beim Einstieg in die Route noch sehr viel Schnee lag, gestaltete sich die Routenfindung sowie der Kletterstart als kleine Herausforderung: mit den Kletterfinken im Schnee starten und die klaffende Lücke zwischen Schnee und Fels bewältigen.

Einmal in der Route angelangt und mit abgetrockneten Kletterfinken, konnten wir uns über schöne Kletterei an bestem Fels freuen. Simone meisterte die 7 Seillängen souverän im Vorstieg. Da wir zu zweit nachstiegen, konnten Diana und ich abwechslungsweise sichern und die herrliche Aussicht auf den Mont Blanc, die Aiguille Verte und die Grandes Jorasses geniessen.

Nach ca. 3 Stunden Kletterei erreichten wir die Aiguille Gaspard (2785m). Kurz ein Gipfel Selfie, danach folgte der Abstieg auf den Col des Crochues. Dort fanden wir ein schönes Plätzchen für eine kleine Pause. Sandwich-essend inspizierten wir den weiteren Verlauf der Tour. Eine riesige Wechte, nur eine enge Passage zwischen Fels und Schnee und weiter unten ein steiles Schneefeld. Schluck!

Zuerst war es einem Balanceakt zwischen links Fels, rechts Schnee und viel Luft dazwischen, dann ging es rückwärts Tritt für Tritt das steile Schneefeld runter. Das funktionierte gut und zum Glück kam dann eine Fels-Geröllpassage, wo wir unsere kalten Finger wieder etwas aufwärmen konnten. Nach ein paar (gewollten) Rutschpartien ging es dann wieder über die flacheren Schneefelder zurück zur Sesselliftstation.

Auf La Flégère trafen wir wieder mit den anderen Seilschaften zusammen. Bei einem kühlen Getränk wurden die Erlebnisse des Tages ausgetauscht. Bald zog es uns runter nach Chamonix, da wir uns noch ein wenig in den Sportgeschäften umschauen wollten. Beim Nachtessen in der Micro Brasserie konnten wir bei feinen Burgern und Bier den Abend ausklingen lassen.

Sonntag, 1. Juli 2018

Der erste Tag im Monat Juli startet viel versprechend. Schon am Morgen lacht uns die Sonne an einem wolkenfreien Himmel unverschämt entgegen. Was sind wir doch für Glückspilze. Am Morgen geht’s Richtung Col de Montets. Da an diesem Wochenende auch noch der Mont-Blanc  Marathon stattfindet, ist es etwas schwierig Parkplatz zu finden. Sobald alle Autos parkiert sind, geht’s los. Wir gelangen in  ca. 1 Std. Fussmarsch zu den Felsen des Chèsery Gebietes. Schon bald kann man Blicke auf die strammen Felswände erhaschen. Der Kletterspass lässt sich bereits erahnen!!!

Aber zuerst ist unser Ziel noch etwas weiter abseits. Die Aiguillette d’Argentière! Sie ragt als imposanter Zacken unter den Chèsery  Felsen in den Himmel. WOW!!! Bewunderung für dieses Naturphänom verbunden mit Respekt diesen Zacken bald erklimmen zu dürfen vermischen sich. Die Hitze macht sich bereits bemerkbar, umso mehr schätzen wir, dass die zu erklimmende Felsseite noch im kühlen Schatten liegt. Von allen Seiten versuchen wir den gemächlich an den Hang gelehnten Zacken in verschiedenen Schwierigkeitsstufen zu bezwingen. Das heroische Siegerfoto auf dem Spitz der Aiguillette lassen wir uns dann auch nicht entgehen.

Einige verbringen den ganzen Tag an der Nadel, andere versuchen sich dann noch an den in der Sonne glänzenden Granitfelsen, die viel Klettervergnügen versprechen. Als Überraschungsgast verirrt sich eine Steingitz in der plattigen Wand. Wir bewundern seine Akrobatik und seine Trittfestigkeit.  Alle Diskussionen, es gäbe zu wenige Tritte an der Platte erübrigen sich nun.

Am Mittag versuchen sich einige noch in Mehrseilrouten, andere begnügen sich mit Einseillängen. Jeder kommt auch am 3. Tag noch auf seine Kosten und kann die noch vorhandene, überschüssige Energie noch ein letztes Mal verpuffen. Nach dem Abstieg in der sengenden Hitze treten wir zufrieden und glücklich den Heimweg an. Auf einer Gartenterrasse gönnen wir uns noch eine letzte Belohnung für drei Tag körperliche Anstrengungen, Abenteuer, Nervenkitzel und gelebte Kameradschaft. Denn wer zusammen an einem Seil hängt, der kann/muss und darf sich auf den anderen verlassen.

Dabei sei zu erwähnen, dass die Frauenquote und demnach die Frauenpower sehr hoch war. Bleibt nur zu hoffen, dass die zwei Hähne im Korb es doch etwas genossen haben in diesem Hühnerhaufen!  😆

Tourenleiter Susann
Bericht Karin (Tag 1), Christine (Tag 2), Dalia (Tag 3)
Fotos Diana, Christine, Karsten, Simone
Teilnehmer Karin, Vedrana, Dalia, Christine, Francine, Susann, Angela, Jan, Simone, Karsten, Diana, Fidelis
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