Vom Val di Rhêmes zum Gr. St. Bernhardpass
Tag 1
„Drei Tage ins schöne Aostatal zum Wandern mit leichtem Gepäck für die 5. Etappe der Transalp“ heisst meine Motivation zum Aufstehen, als der Wecker schrillt. Um neun haben Simone, Christine und ich in Bourg-St-Pierre Rendez-vous mit Tina und Anne, welche am Vorabend aus Deutschland angereist sind. Die Beiden haben unterdessen schon ausfindig gemacht, wo sich die Busstation befindet. Wir steigen mit vorreservierten italienischen Tickets in einen Schweizer Bus, der uns nach Aosta bringt. Dort erwartet uns bereits Luca, unser Taxichauffeur. Um ca. 11:15 Uhr gelangen wir zum Startpunkt der 3-Tagestour in Rhêmes-Notre-Dame, welche dort anknüpft, wo Simone und ich mit der Wintergruppe am Ostermontag, 02.04.2018, unsere Skis abgeschnallt haben. Im selben Ristorante Lydia gibt’s noch einen Cappucchino und Panini, bevor in der Mittagshitze der Col de Fenêtre angepeilt wird. (Anmerkung: es gibt keinen früheren Bus nach Aosta ab der Schweiz).
So schultern wir also unsere Rucksäcke und zügigen Schrittes geht es zum Pass, welcher das Val di Rhêmes mit dem Valgrisenche verbindet. Unterwegs kurze Foto- und Trinkpausen und viel Gelächter um Annes Selfie-Stick, den sie nach einigen Proben in den Griff bekommt.
Auf dem Col de Fenêtre auf 2840m weht eine kühle Brise und die ersten dunklen Wolken machen sich bemerkbar. Wir steigen ab ins Valgrisenche bis zum gleichnamigen Ort und stauen ob der wunderschönen Farbenpracht des Herbstes. Ausser dem Hüttenwart des Chalet de l’Eppé begegnet uns kein einziger Mensch. Im Tal beginnt es leicht zu tröpfeln und die eine oder andere liebäugelt mit einem Apéro im kleinen Ristorante oder der Variante Autostopp. Doch daraus wird nichts und Simone findet den Weg dem Bach Doire entlang bis nach Planaval. Transalp heisst eben oft auch Strecken laufen und nicht nur Gipfel und Pässe erklimmen. Unterwegs können wir die kleinen Weiler des Tales erkunden, in welchem nur noch etwa 200 Personen leben. Sie sprechen einen Patois zwischen Italienisch und Französisch.
Kurz nach 18 Uhr treffen wir im Hotel Paramont ein. Inzwischen hat es zu regnen begonnen und wir erfreuen uns der heimeligen Unterkunft. Ein italienischer Apéro und ein wunderbares Essen runden den ersten Tag der Frauenrunde ab.
Tag 2
Nach einem feinen Frühstück und mit ein bisschen Muskelkater haben wir das schmucke Bergdorf Planaval bei strahlendem Sonnenschein verlassen. Der Aufstieg zum Col de la Crosatie stand auf dem Programm: 1300 Höhenmeter. Schritt für Schritt ging es immer höher, und die Aussichten wurde immer spektakulärer. Zuerst der Blick übers Val Grisanche, dann verschiedene Hochebenen mit rot verfärbten Heidelbeersträuchern, danach der Lac du Fond, der uns fast zum Baden verführt hat.
Die allerbeste Aussicht wartete aber auf dem Col de la Crosatie. Direkter Blick auf die «Rückseiten» von Mont Blanc und Grandes Jorasses, weiter Blick auf Grand Combin, Matterhorn, Breithorn, Monte Rosa und sogar auf unsere Saaser Berge.
Wir nahmen uns Zeit für Fotos, Verpflegung und zum Geniessen. Aber der lange Abstieg ins Aostatal wartete und wir mussten weiter. Die verschiedenen Landschaften zogen wieder an uns vorbei: Geröllhalden, Heiden, Alpen, Wälder. Egal in welchem Modus, mit oder ohne Stöcke, im Geh- oder im Rennstil, der Talboden kam näher und somit nach fast 2000 Höhenmetern auch das Ende unseres Tagesmarsches. Per Bus ging es von La Salle nach Courmayeur. Nach dem Motto «Ein Gelato muss in Italien einfach sein!» steuerten wir direkt auf die Gelateria zu.
Nach einer weiteren kurzen Busfahrt sind wir dann in Planpincieux am Fuss der Grandes Jorasses im Locanda Belvedere angekommen. Im Chalet Proment gab es ein großartiges Nachtessen in gemütlicher Atmosphäre. Müde fielen wir in unsere Betten und träumten von fitten Beinen für den letzten Tag.
Tag 3
Nach einer entspannten Nacht in Plampincieux in der Locanda Belvedere sind wir am Sonntagmorgen bestens gelaunt bei strahlendem Sonnenschein zur letzten Tagesetappe Richtung „Grand Saint Bernard“ aufgebrochen. Na ja, die Beine waren nicht mehr ganz so locker wie am ersten Tag – da hilft dann nur noch mehr laufen.
Zwischen uns und dem „Grand Saint Bernard“ lagen aber noch ein paar Pässe und Höhenmeter. Zunächst ging es vorbei am Rifugio Bonatti und dann hinauf zum Col de Malatra. Das Panorama war ein Traum – wir hatten die ganze Zeit die Grandes Jorasses im Blickfeld – zumindest, wenn wir uns umgedreht haben.
Nach ca. 1200 hm sind wir am Col de Malatra angekommen – wir hätten fast die 3000 m geknackt: ca. 2930 m – das war der höchste Punkt der Wanderung. Hier haben wir erst mal die beeindruckende Aussicht („Wahnsinn die krassen Berge, man konnte sich gar nicht satt sehen“) genossen, Fotos geschossen und den Trailrunnern zugesehen, die den Pass rauf- und runtergelaufen sind.
Auf der anderen Seite ging es noch kurz im Geröll runter und mittlerweile hatte sich Anne auch an das Runterlaufen gewöhnt – zwei Tage mehr und sie hätte uns geschoben. Hut ab für die schnelle Lernkurve – und dass bei dem Zusatzgepäck .
Nach dem Abstieg ist vor dem Aufstieg. Wie es sich so für eine Transalp gehört mussten wir ja Strecke machen, also ging es erneut rauf – zum Col de Ceingle auf knapp 2800m. Der „Weg“ war besser als gedacht, wir hatten partiell mit nahezu weglosem Gelände gerechnet, aber „easy“. Hier waren wir dann aber wieder recht einsam unterwegs…
Es stand uns nur noch ein kleiner Pass und der letzte Anstieg bevor. Den Pass hat man gar nicht gemerkt, wahrscheinlich waren wir mittlerweile so gut eingelaufen : der Col de Saint Remy auf knapp 2600 m. Von hieraus war erstmalig unser Tagesziel – das Hospice du Grand Saint Bernard – sichtbar. So nah und doch so fern. Nach einer kurzen Abkürzung und kleinen Querfeldeinpassagen ging es auf den letzten Anstieg. Hier habe ich dann auch etwas über die geklauten Saaser Langohrenschafe gelernt. Plötzlich standen sie nämlich zu Hunderten vor uns.
Am Hospice du Grand Saint Bernard angekommen haben wir uns alle erst mal ein dickes Stück Pflaumenkuchen mit Sahne gegönnt.
Danach ging es dann wieder Richtung Heimat – Diana, Christine und Simone Richtung Saas. Anne und Tina ins Rheinland – verrückt nach drei sonnigen Tagen in Italien und Schweiz hat es 100m hinter der Grenze zu Deutschland geblitzt, gedonnert und wie aus Kübeln gegossen. Ob das ein Wink mit dem Zaunpfahl war und wir eigentlich in der Schweiz hätten bleiben sollen?
Es waren mal wieder fantastische Tage mit dem SAC – vielen Dank insbesondere an Simone für die super Tourenvorbereitung – und auch an Diana fürs Kümmern. Insgesamt war es eine sehr schöne Tour mit einer super Gruppe.
Wir freuen uns auf die nächsten Etappen! Let’s rock the Alps!