Skitour mit Zelt

Lange Skitouren sind nicht jedermanns Sache. Aber dann noch eine mit Zelt! Manche Zeitgenossen begegnen solchen Ideen eher mit Unverständnis und auch unter Alpinisten gilt man bei dieser Ausprägung des Skibergsteigens schon fast als Exot. Für mich gehören winterliche Nächte in der Einsamkeit der hehren Alpenwelt klar zur Kategorie der unvergesslichen Erlebnisse. So konnte ich nicht widerstehen mich zu der Skitour mit Zelt einzuschreiben. Es war mir schon klar, dass es für diese Tour keine Warteliste geben würde.

Dass ich neben den Tourenleitern Daniel und Vedrana der einzige (vielleicht etwas verrückte) Teilnehmer bleiben sollte, überraschte mich dann doch etwas. Aber so konnte ich problemlos Sammeltaxi spielen.

Wie geplant nahmen wir die um 6:50 Uhr die Bahn zur Bettmeralp. Und schon kurz darauf surrten die Felle unter unseren Skiern, um den Bergrücken zwischen Moosfluh und Bettmerhorn zu erklimmen. Dabei bot sich uns eine fantastische Aussicht auf die Walliser Alpen. Bald schon lag der majestätische Aletschgletscher zu unseren Füssen. Gibt’s in dem Labyrinth an Spalten überhaupt ein Durchkommen? Durch wunderbaren Pulverschnee fuhren wir hinunter zum Gletscher. Angeseilt fanden wir rasch den Weg durch die Spaltenzone, die besser eingeschneit war, als wir vermutet hatten. Mit der drückenden Last unseren schweren Rucksäcken erreichten wir den Biwakplatz auf einer alten Seitenmoräne hoch über dem Gletscher. Wir entledigten uns all des Biwak-Materials und gingen weiter in Richtung Sattelhorn. Etwa 100 Höhenmeter unter dem Gipfel deponierten wir unsere Ski. Bewaffnet mit Steigeisen und Pickel stiegen wir durch luftiges aber recht leichtes Gelände aufs Sattelhorn hoch. Auf der Abfahrt zum Biwakplatz wurden wir mit wunderbarem Frühlingsschnee belohnt. An einem offenen Bach füllten wir noch unserer Flaschen mit Wasser, damit wir weniger Schnee schmelzen müssen.

Bald schon waren wir mit dem Aufbau der Zelte beschäftigt und zur Stärkung hat uns Daniel Nudeln an einer rassigen Curry Sauce gekocht. Diese weckten auch wieder meine Lebensgeister, hat doch die allzu kurze Nach und der lange Tag ihre Spuren bei mir hinterlassen. Der Nachmittag verging mit Wasserkochen und einem gemütlichen Schwatz wie im Flug. Als sich die Sonne hinter die Berge verabschiedete, kochte Vedrana zwei schmackhafte Varianten von Couscous – eine mit Steinpilzen, eine mit Spargel.

Ohne Sonne wird es im April in den Bergen recht rasch kühl und das Panorama haben wir ja schon den ganzen Nachmittag bestaunen können. Also verzogen wir uns schon kurz vor halb acht in unsere Schlafsäcke und es dauerte nicht lange, bis ich in einen tiefen Schlaf versank.

Um sieben Uhr in der Früh starteten wir mit neuem Elan die Tour zum Zenbächenhorn. Der Wetterbericht verhiess auf den späteren Nachmittag nichts Gutes und die Walliser Alpen waren schon am Morgen in Wolken gehüllt. Im Aletschgebiet war der Himmel aber immer noch heiter und schon bald heizte uns die Sonne kräftig auf. War der Weg anfänglich derselbe wie am Vortag, hielten wir uns dann eher links in die Mulde von Unnerbäch. Dann durchquerten wir einen steilen Hang, um die Mulde östlich der Seitenmoräne des Zenbächengletschers zu erreichen. Durch die Mulde ging es im Zickzack weiter hoch. Auf rund 3000 M.ü.M.  haben wir dann eine Lagebesprechung gemacht. Noch immer lagen etwa 350 Höhenmeter vor uns.  Da auf dem Rückweg zur Bettmeralp nochmals gut 400 Höhenmeter auf uns warteten, wäre das wohl etwas viel gewesen. So entschieden wir uns für den Rückweg. Da wir früher als am Vortag unterwegs waren, war der Schnee auf der Abfahrt nur leicht aufgeweicht. Es war fast wie die Fahrt über eine präparierte Piste.

Zurück am Biwakplatz räumten wir unsere Sachen zusammen und verstauten sie wieder in unsere Rucksäcke. Dann ging’s über den grossen Aletschgletscher zurück. Ein letztes Mal hiess es nun «anfellen» um den letzten Anstieg zu erklimmen. Der schwere Rucksack drückte wieder mächtig auf die Schultern. Aber alle Müh war schnell vergessen, als wir wieder in rasanter Fahrt der Bettmeralp entgegen schwingen durften. Unser Timing passte perfekt und drei Minuten bevor die Bahn fuhr, erreichten wir die Bergstation. Da wegen der Pandemie sowieso kein Restaurant offen war, kam uns das gerade recht. Und doch ist es schade, dass man keinen gemeinsamen Abschiedstrunk geniessen kann, um das Erlebte nochmals Revue passieren zu lassen. Auf meinem Heimweg in d’Üsserschwiiz kam ich dann doch noch in ein heftiges Gewitter und war froh, dass schon im trockenen Auto sass.

Auch wenn wir das Zenbächenhorn nicht erreicht haben, war es für mich ein großartiges Erlebnis. Vielen Dank Vedrana und Daniel für die Organisation und die köstliche Bewirtung.

Tourenleitung Daniel, Vedrana
Bericht Marc
Fotos Daniel
Teilnehmende Daniel, Vedrana, Marc-André
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