Feuchte Tage, wunderbarer Zusammenhalt

Nachdem wir in den letzten Jahren immer über Auffahrt Richtung Italien gefahren sind, wollten wir dieses Jahr etwas später am Fronleichnamswochenende mal nach Frankreich. Briançon stand auf dem Programm. Aber ein spezieller Virus hat uns einerseits einen Strich durch die Rechnung gemacht und wir haben uns kurzfristig entschieden in der Schweiz zu bleiben. Aber andererseits war zumindest die Wahl des Wochenendes super, weil über Auffahrt hätten wir noch keine Gruppenveranstaltung durchführen können.

Da wir das erste Mal campen wollten, durfte es noch nicht zu hoch hinausgehen. Also bot sich das Tessin an. Kurz vorher dachten wir „hoffentlich wird’s nicht zu heiss“. Tja, wurde es nicht 😉 stattdessen regnete es bei der Anreise am Mittwochabend und die Vorhersagen waren alles andere als hübsch…

Bis Mitternacht waren alle Zelte aufgebaut und die meisten konnten die Nacht auch im Trockenen verbringen und dem lauten Plätschern auf der Zeltplane lauschen. Es war jetzt schon klar, dass wir am Donnerstag nicht am Fels klettern konnten. Und ich studierte die halbe Nacht, wie das wohl alles werden soll…

Donnerstag

Gabi:

Nachdem wir ein feines z‘Morgu genossen haben, musste sich jeder SAC-ler selbst entscheiden, wie der heutige Tag abläuft:

  • Plan A:   Klettergarten-fiel wetterbedingt ins Wasser
  • Plan B:   Boulder-/Kletterhalle
  • Plan C:   Wellness/Baden
  • Plan D:   Wandern

Ich entschied mich fürs Wandern. Da ich nur eine Regenjacke, Schirm und Bisgwi mitnehmen wollte, und mein Kletterrucksack zuuu grooos war, bot mir Dominic an, dass ich mein Zeug in seinen Rucksack verstauen kann. Gesagt, getan! Ich wusste ja noch nicht, dass ich bereits nach den ersten 300hm den relativ schweren Rucksack übernehmen musste, damit sich der Fotograf frei bewegen kann.

Dominic führte Chäschpu und mich gekonnt durch den regennassen Arcegno-Tschungel in Richtung Monte Veritas. Es ging an unzähligen Bäumen, Sträuchern, Pilzen, Blumen, komischen Gewächsen und buntem Vogelgezwitscher und Holzskulpturen vorbei. Die Herren fotografierten, was das Zeug hält. Dominic hatte es nach mehreren Anläufen sogar geschafft, Chäschpu und mich über den Werdegang und die Geschichte des Monte Veritas zu begeistern.

Auch mir öffneten sich hier die Augen – und zwar beim Auspacken vom relativ schweren Wanderrucksack: Uns konnte heute definitiv nichts passieren! Neben Schaufel und LVS fand ich sogar noch Skiwachs im Rucksack 🙈! Nach einer kurzen Rast liefen wir die Gassen runter bis an den Lago in Ascona, wo wir uns ein wohl verdientes Gelati gönnten. Anschliessend flanierten wir noch dem See entlang und machten uns dann auf den Weg zurück zum Campingplatz.

Merci mine zwei Wander-Paparazzi

Simone:

Der Grossteil der Gruppe (13 Pers. incl. dem besten Chauffeur des SAC (Fidelis)) machte sich auf in die Kletter- und Boulderhalle „Evolution“ in Torricella. Wir hatten zuvor abgeklärt, ob wir als Gruppe kommen durften und uns wurde zugesagt. Mit Begeisterung und voller Elan machten sich alle an die Routen. Bouldern, Topropen, Vorstieg bis die Arme wirklich platt waren. Im Endeffekt muss ich sagen, war es ein super Einstieg in das Kletterwochenende. Corona bedingt waren die meisten nämlich noch nicht mit dem Klettern in die Saison gestartet. Es hat riesig Spass gemacht und die Motivation war enorm und die Vorfreude auf den Fels gross.

Das schönste war dann, dass es zum Nachmittag zu regnen aufgehört hatte und unserem geplanten Grillabend im Freien nix mehr im Wege stand. Die letzten 3 waren auch angereist und Dominic zauberte seinen neuen Grill aus den Tiefen seines VWs und alle steuerten etwas zum Essen dazu. Die Tische bogen sich fast vor lauter Grillspezialtäten. Ich muss sagen, es war herrlich gemütlich und meine Sorgen der letzten Nacht waren wie weggeweht… bis dann nachts wieder ein sehr lautes plätschern auf dem Dach zu hören war… oh nein…

Freitag

Samuel:

Wie am Vortag hingen dunkle Wolken über Losone. Alles war noch feucht vom letzten Regen und ob der Tag noch mehr Regen verheisst, drückte auf die Stimmung. Unsere zwei Tourenleiter Simone und Jan entschieden, dass wir Richtung Bellinzona fahren sollten. Dort gäbe es ein Klettergebiet, das gegen Osten ausgerichtet ist und jeder noch so kurzer Sonnenstrahl würde die Platten abtrocknen lassen. So machen wir uns auf den Weg, getrennt wie am Vortag durch eine kleine, aber feine Wandertruppe (Dominic und Gabi wanderten an der Verzasca entlang) und der grosse Rest an Kletterer.

Bei Gorduno fuhren wir eine kostenpflichtige schmale und kurvenreiche Strasse hinauf Richtung Monte Bedretto – je höher je mehr Nebel und je feuchter die Angelegenheit. Dies liess die Stimmung in den Keller fallen und manch einer unserer Truppe sah sich schon beim Wandern umhüllt von Regenjacken und wasserdichten Hosen.

Am Klettergarten angekommen machte sich zuerst Jan ein Bild. Als er zurückkam hielt er einer seiner berüchtigten Motivationsreden – „es könne sein, dass heute ein 4c schnell mal ein 7a werden könne, seht es aber positiv, wir sind draussen, können klettern und das Wetter ist so wie es ist“.

OK! dachten wir uns alle. Probieren wir und machen das Beste daraus. Es zeigte sich schnell, dass die Wand nur im untersten Teil noch ein wenig nass war, oben war sie trocken. So legten sich alle ins Zeug. Es kam mir vor, wie im Frühjahr, wenn die Geisen das erste Mal aus dem Stall gelassen werden – voller Übermut, Tatendrang, ein auf und ab, alle (machbaren) Routen mussten geklettert werden, Freudenschreie aber auch starke Fluchwörter waren zu hören. Einige mussten wir am späten Nachmittag fast von der Wand vertreiben.

Zufrieden mit sich selbst fuhren wir zurück nach Losone. Es erwartete uns noch ein feines Nachtessen in einem nahen Grotto. Ob uns die gebratenen Hühnchen am nächsten Tag wohl Flügel verleihen werden?

Samstag

Simone:

Die Nacht war ruhig. Yuchuhhhh kein Regen. Nach einem gemütlichen Frühstück in der Sonne, dass wir uns, wie die Tage zuvor, in kleinen Gruppen selbst zubereiteten, teilten wir uns heute in 3 Gruppen und einer Einzelperson auf. Dominic bot einen Klettersteig an, ich wollte mit einer Gruppe den Hügel rauf im Wald in Arcegno (plaisir) klettern, Jan fuhr mit einer Busladung nach Brontallo (plaisir extrem) und Fidelis wollte seinen „freien“ Tag am Lago geniessen.

Mit 8 sehr motivierten Kletterer ging es an die kleine Felswand: Wir hatten alle Routen für uns und haben nach und nach den ganzen Fels abgeklettert. Das Fluchen vom Vortag wurde zunehmend weniger, denn stattdessen war der Plan sich mehr aufs Atmen zu konzentrieren. …teilweise wurde der Mund sehr fest zugekniffen, so dass ich mich fragen musste, ob das mit der Atemtechnik so funktioniert J , aber mit Bravour wurde die neue Technik dann umgesetzt und eine Flasche Prosecco steht noch aus.

Sarah:

Jan, Patrick, Hauke, Diana und ich sind gegen 10 Uhr mit dem Auto losgefahren, ins Maggiatal nach Brontallo. Dort sind wir zum Klettergebiet hochgestiegen und begannen mit dem Klettern. Es gab wunderschöne, lange Kletterrouten mit einer sehr schönen Aussicht. Nach ein paar Routen sind wir noch weiter hoch gegangen, haben dort Mittag gegessen und dann wieder ein paar schöne Routen geklettert. Das Wetter war angenehm, manchmal auch gerade etwas zu heiss. Trotzdem war es ein sehr toller Tag. Als alle fertig waren, liefen wir wieder hinunter und gingen noch etwas trinken. Dann ging es zurück zum Camping zu den anderen.

Simon:

5 Teilnehmer des verlängerten Kletterwochenendes im Tessin beschlossen einen Klettersteig in Angriff zu nehmen (La Via Ferrata die Tre Signori).
Um 8.45 startete die Reise vom Camping Melezza aus Richtung Talstation Monte Carasso-Mornera. Auf der Hinfahrt herrschte Totenstille. Dies war jedoch nicht weiter schlimm denn nach 2 Tagen Regen und Nebel tauchte zum ersten Mal die Sonne im Tessin auf.

Die Luftseilbahn wurde ganz Corona konform mit Schutzmaske und Handschuhen betreten, aber auch ohne Corona wäre dies wohl sinnvoll gewesen, da man in dieser «8er» Gondel (wohl eher 4er Gondel) kaum Platz hatte und einander auf den Schoss sitzen durfte. Oben angekommen begannen wir den Zustieg zum Klettersteig, begleitet von Thymian, dem Gesang der Tannenmeise und einem wunderschönen Ausblick.

Eine knappe halbe Stunde später erreichten wir den Einstieg bei 1390m, die ersten 180 Höhenmeter wurden von uns 5 zusammen geklettert. Die Schwierigkeit hielt sich im Bereich A-C auf, ein Kinderspiel für jeden von uns. Gute Tritte und ein griffiger Fels halfen dabei immer höher zu steigen und immer mehr des Sementinatales zu sehen.

Auf 1570m angekommen besprach sich die Gruppe. Wir entschlossen uns dafür zwei unterschiedliche Routen in Angriff zu nehmen. Eine 2-Gruppe entschied sich für die schwierigste Route, die andern 3 gingen im gleichen Schwierigkeitsgrad weiter.
Der Schwierigkeitsgrad der „schweren“ Route lag bei BC-CD. Ein steiler Einstieg und einige Überhänge machten diese Route zu einem wahren Abenteuer, immer mit einer wunderbaren Aussicht. Ab und zu konnten wir der anderen Gruppe zurufen, dabei entstanden super Möglichkeiten Fotos zu schiessen. Glücklicherweise hatten wir 2 leidenschaftliche Fotografen dabei.

Nach gut 2 Stunden kamen wir am Gipfel auf 1740m an, für unsere 2-Gruppe hiess das, eine Traversierung von „unserem“ Gipfel zur anderen Gruppe. Beim andern Gipfel angekommen assen wir zusammen unsere Sandwiches und geschmolzenen Maltesers. Der Rückweg gestaltete sich ruhig. Vom Gipfel aus führte ein Wanderweg in Richtung Bergstation. Jeder lief in seinem Tempo hinunter. Müde und Sonnengebrannt kehrten wir zum Camping zurück und genossen mit den anderen ein feines Abendessen mit selbstgemachtem Spargelrisotto (Dominic) und einer grossen Auswahl an Fleisch und Beilagen.

Ein Tag, der in Erinnerung bleibt.

Sonntag

Christine:

Der letzte Tag im Tessin hat uns in der Nacht nochmals Regen beschert, was für das Abbrechen und Zusammenpacken unserer Zelte nicht gerade ideal war. Aber die Sonne brach schon durch die Wolken und einem weiteren Klettertag stand nichts mehr im Weg. 💪

Auf gings in den nahen Kastanienwald bei Arcegno. Wir teilten uns auf 2 Sektoren auf und schon bald wurde wieder munter geklettert. Es war viel los und die Routenauswahl etwas eingeschränkt. Die Jungen und Mutigen unserer Gruppe wagten sich an eine schwierige Route. Es wurde bis auf Blut gekämpft. Mit vereinten Kräften, inklusive Expressschlingen von oben, wurde die Route bezwungen. 👍 Wir anderen genossen zum Abschluss eine schöne 6a.

Die Arme wurden immer länger und am frühen Nachmittag war es Zeit die Heimreise anzutreten. Die kürzeste Strecke durchs Centovalli war wegen der Covid-19 Verordnung noch gesperrt, so musste über Cannobio (inklusive leckerem Gelati in Italien) oder den Nufenenpass ausgewichen werden. 🚗

Trotz durchzogenem Wetter und Plan B (Briançon war leider nicht möglich) hatten wir wieder fantastische Klettertage.

Vielen Dank an Simone und Jan für die tolle Organisation und Betreuung, allen Teilnehmern für die Unterstützung beim Klettern und beim Zelt Auf-/Abbau und allen Köchinnen und Grillmeistern für die grossartige kulinarische Versorgung. 🙏

Tourenleiter Simone Knepper und Jan Olle
Bericht Simone, Gabi, Samuel, Simon, Sarah, Christine
Fotos Vor allemc Kaspar, Fabricio, Dominic
Teilnehmer Samuel, Armida, Andrea, Dominic, Astrid, Simon B. (Gast aus Zermatt), Fabricio, Gabi, Sarah, Jasmin, Bettina, Kaspar, Christine, Patrick, Hauke (Gast aus dem hohen Norden), Diana, Fidelis
Gäste Zur Überraschung am Samstagabend: Susann und Karsten mit Nele