Chez les Welsch

Ein unscheinbarer Samstag – hätte man denken können. Angedacht war die Pointe de Mandelon, irgendwo im Unterwallis. Chez les welsch…

Greppon_Blanc (14)Die weniger Informierten unter uns freuten sich auf Mandarinen mit Fendant und musikalische Tourenmarschmusik mittels Mandolinen. Schliesslich fand die Tour unter dem Titel „für Beginner und Geniesser“ statt. Es kam anders.

Mike, unser Obergeniesser und Tourenleiter, änderte kurzerhand die Mandoline gegen den Greppon Blanc aus. Anscheinend weil auf der Mandoline stellenweise kein Schnee mehr sei. Ein fadenscheiniges Argument, dachte ich mir; sagte ihm aber nichts. Man weiss ja nie, wie Üsserschwizer frühmorgens auf dem Parkplatz in Visp, neben dem Schulhaus Sepp Blatter, auf Kritik reagieren. Wieso wir bereits um 06 Uhr 15 mit dem Geniessen beginnen mussten, verstand ich auch nicht.

Sodann gings runter ins Unterwallis. Es ist ganz hübsch da unten – von der Grande-Dixence einmal abgesehen. Grund genug, einige Kilometer davor unsere Tour zu beginnen. Mike wollte keine kompromittierenden Aussagen zu den Höhenmetern machen. Er beteuerte nur zum wiederholten Male, dass wir die Tour auch vor dem Gipfel frühzeitig abbrechen könnten, sofern jemand körperlich an die Grenzen stosse oder tot umfalle. Danke Mike! Diese empathische Ader schätze ich als „Beginner und Geniesser“ sehr an dir. Man muss ihm zugutehalten, dass seine Planung durchdacht war: Er hat die Strecke zusammen mit Maria vorgängig ausgekundschaftet und auch sonst allerlei schlaue Gedanken zum Gelingen der Tour angestellt.

So viel Palaver vor dem eigentlichen Beginn. Es ging los; vorerst auf der Strasse, denn die Schneeverhältnisse liessen abseits keine grösseren Glücksgefühle zu. Das war auch gut so. So konnten wir ein wenig weiterpalavern. Ich tat so, als ob ich Dianas Räubergeschichten vom Karakorum glauben würde, wandte mich aber bei der nächsten Spitzkehre wieder Mike zu. Wenn wir schon beim Thema Spitzkehren sind, fragte ich Mike: wieso hat es hier fast nur Frauen? Er errötete. Maria schaute weg. Das Thema wurde totgeschwiegen. Stille. So machte ich meine nächste Spitzkehre.

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„Bonjour, mesdames, messieurs“ ertönte es von den plötzlich auftauchenden Welsch. „Où allez vous?“ „A la chasse, tuer les petits gämschini“ wollte ich sagen, merkte aber sogleich, dass sie es ernst meinten mit dem Wildschutz. Wir erhielten einen Flugzettel mit den wesentlichen Regeln zum Schutz der Tiere, Flora und Fauna. Zudem offerierten uns les Welsch einen Glühwein. Damit haben sie uns geködert. Seither bin auch ich ein glühender Verfechter des Tierschutzes.

Eine Spitzkehre weiter trafen wir Tourenfahrer aus Chippis. Sie waren parfaitement billingues und überrascht, Oberwalliser in diesen Gegenden anzutreffen. Höflich, aber bestimmt, gaben wir kund, dass der SAC Saas ein weltoffener Verein sei, offen gegenüber Neuem. Ob Karakorum, Afrika oder das Unterwallis – der SAC Saas ist für allerlei Abenteuer zu haben. Wir schauten uns in die Augen und waren angenehm berührt vor so viel Völkerverbundenheit und gefühlter Walliser Einheit.

Nach diesen freudigen Bekanntschaften waren wir gestärkt und der Schlussanstieg liess sich mit Leichtigkeit bewältigen. Oben angekommen, offerierten uns Mike und Maria ihren Biowein. Mit dem Wein kehrte Frieden ein: die Aussicht, das Wissen über das Erreichte und die Vorfreude auf die kommende Abfahrt liessen uns in Dankbarkeit unseren Speis und Trank einnehmen.

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Sodann fuhren wir in raschen Schwüngen den Berg hinab. Teils Pulver, teils Hartschnee – im Grossen und Ganzen erwiesen sich die Schneeverhältnisse als ganz gut. Zum Abschluss landeten wir in einer sympathischen Spelunke. Die Spelunke war wie der Tag: eben sympathisch. Was zu Beginn als Frauenkaffeekränzchen wahrgenommen wurde, entpuppte sich als dynamische, angenehme Tourenbegleitung; Mike zeigte sein wahres Gesicht als fürsorglicher Tourenleiter mit Milde und Biowein und die Tour war trotz der mässigen Vorhersagen ein gelungenes Unterfangen.

Tourenleiter Mike Kanzso
Bericht Emanuel Borter
Fotos Diana Zurbriggen
Teilnehmer Bea, Sonja, Diana, Mike, Emanuel, Maria, Erna, Rosmarie, Regula, Christine, Chrigi