Transalp 8 – die nächste grosse Etappe

Mittwoch, 10. April 2019: Realp – Vermigelhütte

Um 5:20 Uhr trafen sich die meisten von uns in Oberwald, mit dem Zug ging es dann weiter nach Realp. Einige brauchten bereits ein bisschen Vorsprung und nächtigten schon am Vorabend in Realp 😉 Bevor es jedoch los ging wurde das Essen für die Hütte noch verteilt (die Vermigelhütte ist zurzeit nicht bewirtet).

Als die Runde komplett war ging es los, zuerst ein paar Meter zu Fuss und dann mit den Skiern, der Schnee war nicht wirklich einladend (hüära pfluder) und jeder hoffte, dass es auf der anderen Seite besser werden würde.

Wir überquerten den Passo d’Orsino, weiter zum Gotthardpass (speziell, wenn man mit den Skiern gemütlich entlang läuft wo normalerweise im Sommer die ganzen Autos fahren) und schlussendlich zum Sellapass. Das Wetter wurde immer wie schlechter und bei der letzten Abfahrt hatten wir nur noch dichten Nebel. Unsere zwei Bergführer navigierten uns jedoch wohlbehalten zur Vermigelhütte. Nach ein paar Telefonaten konnte der Code geknackt werden und Raphi zauberte zwei Flaschen Wein aus dem Keller.

Am Abend kochten die Männer zuerst Suppe und anschliessen Spaghetti zum Abendessen. Wir vertilgten gleich alles, wir wollten ja am Donnerstag nicht wieder Essen mitschleppen… ;-). Früh ging es ins Bett, denn es war ein langer Tag mit vielen Höhenmeter und Kilometer.

Vielen Dank der tollen Truppe für den super Transalp-Start.

Donnerstag, 11. April 2019: Vermigelhütte – Campo Blenio

Tag zwei der Transalp-Etappe Realp-Splügen Nach den gestrigen 1900hm und 24km konnten wohl alle gut schlafen 😴. Um 04:45 wurden wir in unserer gemütlichen Hütte bereits aus den Träumen gerissen. Frühstück gabs aus dem Rucksack, da die Hütte nicht bewartet ist. Und hier zeigte sich, dass ein sorgsames Packen der Esswaren von Vorteil gewesen wäre 😉. Um Punkt 6 Uhr nahmen wir bei dichtem Nebel und Niesel-Eisregen (so fühlte es sich immerhin an) die 30hm Abfahrt vor dem ersten Aufstieg auf den Passo Bornengo in Angriff.

Die Nachfrage von Gabi ob den die Jacke von Oski auch wirklich Gore-Tex sei, liess für die Wetteraussichten nicht viel Gutes erahnen. Und auch bei Oski war nach dieser Frage der Tag mental bereits „fast“ gelaufen 🌫❄️☔️. Oben angekommen wars dann aber zum Glück nur noch kalt 🥶 und windig 🌬. Dafür war die Sicht für die erste Steilabfahrt des Tages umso besser. Nach der Traversierung einiger Lawinenkegel und einer kurzen Stärkung gabs auch schon den zweiten Aufstieg hoch nach Botta di Cadlimo.

Von hier oben konnte man bereits den Lukmanierpass, unser nächstes Zwischenziel, sehen. Einige Schneefräsen waren bereits auf der Passstrasse im Einsatz und Oski liebäugelte bereits mit einer Mitfahrgelegenheit. Der geballten Ladung Charme und Motivationssprüche unserer 7 Damen konnte er jedoch nicht widerstehen. Und so lief er nach der Einnahme eines Power-Gels auch noch zügig die steilen 500hm zum Passo di Gara Negra hoch.

Nur noch eine letzte Abfahrt von 1200hm zu unserem Tagesziel. 😎 Diese zog sich das Tal hinaus jedoch ziemlich in die Länge. Im letzten Waldstück vor Campo Blenio gabs nochmals herrlichen Pulver. Alsbald wurde dieser jedoch immer schwerer und nasser bis uns der blanke Asphalt und grüne Wiesen zwangen die letzten Meter zu unserer Unterkunft noch zu laufen.

Nach 1600hm und 27km Distanz kamen wir nach 9 1/2h alle ziemlich hungrig 😋 in Campo Blenio an. Und wir wurden nicht enttäuscht. Zur Begrüssung gabs direkt mal grosse Fleisch- und für Jan Käseplatten. Während wir gemütlich Duschen und uns vor dem Nachtessen etwas erholen durften gings für Raphi und Gabi noch auf Erkundungstour Richtung Stausee für die morgige Etappe.

Abends wurde dann mit Reissuppe und selbstgemachter Lasagne nochmals top aufgetischt. Nur das Licht 💡 machte ab und zu Schwierigkeiten. Doch auch dies wurde jeweils mit einem sanften Schlag per Flasche an die Lampenfassung gelöst. Spätestens nach der üppigen Dessertvariation war auch Oski wieder mit dem Tag versöhnt und bereit für die kommenden Tage.

Freitag, 12. April 2019: Campo Blenio – Capanna Adula

Nach einer angenehmen Nacht im Albergo Genziana in Campo Blenio sind wir morgens früh aufgebrochen. Gabi und Raphi hatten mal wieder einen netten Einheimischen gefunden, der eh früh aufstehen will und Spaß hat ein Gruppe Tourengeher per Shuttleservice zum Start zu bringen. Komisch, wo die immer aufgetrieben werden … es sollte nicht der letzte für diese Etappe sein.

Es war ja schon Frühjahr, so sind wir vom „Absetzpunkt“ zu Fuß mit den Skiern auf dem Rücken den Wanderweg zur Staumauer hochgelaufen – bis auf ca. 1.600 m. Von dort aus ging es dann leicht ansteigend durch das wunderschöne Val di Carassino zu unserem Tagesziel „Capanna  Adula“.

Auf dem Weg hat sich die Gruppe geteilt. Die eine Hälfte ist schon mal zur Hütte gelaufen, um die Verköstigung zu checken und um blasengeplagt Füße zu schonen. Der andere Teil hat noch mal einen Abstecher auf die Cima di Pinadee (2488 m) gemacht. Hier wurden wir noch mal mit coolem Schnee und einer großartigen Abfahrt belohnt. Nach dem eher wolkigen Wetter der ersten beiden Tage war es einfach genial, echtes Frühlingswetter – T-Shirt-Wetter zu haben – aber für ein T-Shirt war leider kein Platz im Rucksack.

Als wir dann schließlich an der Capanna Adula angekommen sind, wurden wir von Berry – dem Hüttenwirt aus Verona – kontinuierlich mit Essen & Trinken versorgt: Fleischplatte, Salat, Lasagne, Sekt …. kurze Pause …. Fleischplatte, Käseplatte, Chips, Sekt, Wein … kurze Pause …. Salat, Polenta, Wein … herrlich, ein kulinarisches Fest – ich habe mich noch nicht gewogen, ich hoffe, dass ich nicht zugenommen habe.

Jan hat dann aber noch fleißig Schnee geschaufelt: den Weg zum Tisch 1, den Weg zum Tisch 2, den Weg zur Bank, den Weg zum Holzholen, wir konnten ihn gerade noch abhalten, die Tour des nächsten Tages freizuschaufeln. Währenddessen sind Gabi und Raphi schon mal Richtung Rheinwaldhorn/Adula gelaufen und haben die ersten 600 hm – oder so –  für uns gespurt, „Wendeplätze“ gebuddelt … herrlich, am nächsten Tag war ich dafür ganz schön dankbar … das erfahrt ihr aber erst im nächsten Bericht.

Fazit: Das war ein genialer Tag – abends saßen alle mit einem Strahlen auf dem Gesicht, einem Glas Sekt in der Hand und haben sich über den Tag gefreut.

Samstag, 13. April 2019: Capanna Adula – Hinterrhein

Ein neuer Tag erwacht. Ein wolkenloser Sternenhimmel kündigt uns schönstes Wetter an. Um 5h gibt es Frühstück. Der rastlose Hüttenwart ist auch schon auf den Beinen. Wir werden bestens bewirtet und können gestärkt um 6h zur neuen Tagestour starten.

Gleich vor der Hütte (Cap Adula CAS 2012MüM) steigen wir auf die Skier, Felle aufgezogen. Von der Hütte weg geht es zum ersten langen und steilen Hang. Hinter den beiden Bergführen kommen wir gut voran. Kein Wunder, die beiden Bergführer haben am Vortag nachmittags wunderschöne Spuren in den Sulzschnee gelegt. Statt auf einer vereisten Kruste können wir nun auf den Spuren hochsteigen. Bei den Kehren treffen wir auf eigenartige Dinge. Sogar die Orte, wo Spitzkehren zu machen wären, wurden schön freigehackt und ausgeebnet. Alle sind froh um diesen Service. Vielen Dank nochmals!

Auf 2393MüM gehen wir an der Cap Adula UTOE vorbei. Die Nacht hat inzwischen einem wunderschönen Tag Platz gemacht. Die Sonne strahlt nun den ganzen Tag auf uns herunter und wir zurück. Wir erreichen die einzige Stelle, wo wir kurz die Skier auf die Schultern oder auf den Rucksack nehmen müssen. Aber schnell lassen wir diese Stelle hinter uns. Wir gehen am Cima della Negra vorbei. Weit oben sehen wir schon das Rheinwaldhorn (Adula) 3402MüM. In einer langen Traversierung geht es am Adulajoch vorbei Richtung Rheinwaldhorn. Wir stehen kurz vor dem Gipfel. Weiter geht es nur noch ohne Ski. Wir lassen unsere Skier stehen und steigen das letzte Stück hoch zum Gipfel, den wir um 10h15 strahlend erreichen. Eine unglaublich schöne Rundsicht erwartet uns. Die Heimweh-Saasini wollen natürlich zuerst wissen, wo die heimischen Berge sind 😉. Für jeden gibt’s extra ein Gipfelfoto neben dem Kreuz. Dank der Windstille und der warmen Sonne können wir es auf dem Gipfel richtig geniessen. Dann steigen wir zum Skidepot ab.

Ein kurzes Stück fahren wir auf den Läntagletscher ab und geniessen den leicht zu fahrenden Pulverschnee. Dann drehen wir in Richtung Hinterrhein ab. Die Hänge sind anders. Bis ganz nach unten können wir auf leicht aufgetautem Firnschnee unsere Schwünge in den Schnee zaubern. Ein wahrer Genuss. Wir kommen an der Zapporthütte vorbei und weiter geht es talauswärts. Wir erreichen den Hinterrhein und dann den Schiessplatz Hinterrhein. Zum Glück ist heute kein Schiessen angesagt 😊. Dann wird es ganz flach. Mit Schlittschuhschritten und Stockstössen kommen wir bis kurz vor Hinterrhein. Das letzte Stück müssen wir dann noch unsere Skier schultern. Eine 1’778 Höhenmeter lange und tolle Abfahrt liegt hinter uns.

In Hinterrhein finden wir unsere heutige Unterkunft. Von allen Dörfern des Tals liegt Hinterrhein 1624MüM der Rheinquelle am nächsten. Der gleichnamige Fluss entspringt am Rheinquellgletscher in der Nähe des höchsten Gipfels der Adulakette, dem 3402 Meter hohen Rheinwaldhorn (Erstbesteigung durch Placidus a Spescha im Jahre 1789). Hinterrhein ist ein typisches Passdorf mit „Fenstern“ nach Norden und nach Süden. Von hier gelangt man über den Valserberg nach Vals und weiter ins Lugnez oder über den San Bernardinopass, einer herrlichen Moränenlandschaft, in die benachbarte Mesolcina. Wer es schnell mag, nimmt den Tunnel der A13 unter die Räder und ist im Nu in Locarno oder in Lugano und somit unter südlicher Sonne.

Hinterrhein hat es mit Grenzen zu tun. Der San Bernardinopass, genauer der liebliche Moesolasee auf der Passhöhe, wo man im Sommer im altehrwürdigen Berghaus auch einen Kaffeehalt einlegen kann, ist europäische Wasserscheide. Nach Norden fliesst das Wasser in den Rhein, nach Süden in die Moesa, den Ticino und via Po ins Adriatische Meer. Hier verläuft auch die Sprachgrenze zwischen Deutsch und Italienisch. In Hinterrhein spricht man Deutsch – den urtümlichen Walserdialekt – auf der anderen Seite des Passes ist italienisches Sprachgebiet. Zwei Sprachen, zwei Mentalitäten!

Wir nächtigen im Rothus, ein renoviertes Säumerhaus, das unter Denkmalschutz steht. Die Zimmer sind ursprünglich und sehr originell eingerichtet. Dann geht’s zum verspäteten Mittagessen in den Bachhuus-Chäller. Wir befinden uns im gewölbten Keller-Raum, einem ehemaligen Ziegen- und Schafstall. Luzi Michael zaubert uns wunderbare Speis und Trank auf den Tisch. Köstlichkeiten wie selbstgemachter Käse oder etwa Räucherfleisch, Raclette und weitere typische Bio-Spezialitäten wecken Gaumenfreuden. Der eine und der andere Witz wird erzählt und wir erfahren, woher der Name Sinalco kommt. Zum Nachtessen kehren wir wieder bei Luzi ein und werden wieder bestens bewirtet. Dann wirken die Anstrengungen des langen Tages und der Wein und wir lassen uns in tiefen Schlaf fallen.

Sonntag, 14. April 2019: Hinterrhein Splügen

Start um 5:00 mit Frühstück in einer familiären Atmosphäre in unserer Gruppenunterkunft. In diesem schönen Haus ging der Gast- und Familienbereich geschmeidig ineinander über. So wurde man am Ende z. B. freundlich gebeten, die Schuhe den eigentlichen Besitzern wieder zu geben.

Das Wetter war viel besser als angesagt: Kaum Niederschlag und das, was kam, war auch eher Schnee als Regen. Sehr gut. So sind wir leicht dezimiert (Osci und Carmen hatten Termine bei der Fusspflege 🙂 aber motiviert hinter Gabi und Raphi den Hang hinauf. Wir stellten dabei erfreut fest, dass alles um uns rum recht winterlich hübsch anmutete. Der weisse Apriltraum veränderte sich dann aber mit jedem Hm durch den sehr (!!) starken Wind und die Kombination aus Wolken und Schneefall. Für einige Stunden sah ich nur die Skienden von Dianas Movement Ski, welche – so fiel mir auf – farblich hervorragend zu Ihrer Damenversion des TLT 6 Skischuh passten. Toll.

Wir stiegen immer weiter auf und ich war eigentlich mittlerweile ganz froh nichts zu sehen, da die ca. 10 cm Neuschnee auf der harten Platte doch recht rutschig waren. Irgendwann kam die Frage, ob wir auf den Gipfel möchten, wobei eh niemand auch nur den Hauch von Orientierung hatte und wir scheinbar eh fast oben waren. So sind wir selbstverständlich auch noch die letzten Hm aufgestiegen und haben uns begeistert und überschwänglich im völligen Whiteout zu unserer Leistung gratuliert. Da immer noch heftiger Wind und Schneefall von rechts kam wurde schnellstmöglich alles was im Rucksack zu finden war, angezogen und 7 Augenpaare richteten sich auf unsere Guides in der Hoffnung, dass es einen Plan gibt, wie man diesen Ort irgendwie geordnet verlassen könnte. Es gab eine klare Ansage: Alle hintereinander, kleine Abstände und Spur fahren. Das gestaltete sich dann doch als superspannende Aktion, da Raphi hervorragend vorgefahren ist und Gabi-mit dem GPS bewaffnet-hinterherkam und ihm die grobe Richtung zurief. Vielleicht haben einige schon mal blinde Skifahrer mit Begleitern auf der Piste gesehen…

Der Schnee war tatsächlich dann sogar so grossartig wie unsere Guides. Wir hatten eine Mega-Abfahrt. Kurz vor Splügen wurde die Schneedecke lückenhaft und endete auf einem Wanderweg, auf dem wir entspannt ins Dorf spazierten. Im Hotel Bodenhaus wurden wir ganz hervorragend bewirtet und haben gemütlich die Rückreise mit dem Öv organisiert. Jetzt sitze ich in einem Grossraumwagen der SBB in dem die Stimmung deutlich besser ist als die Luftqualität. Tatsächlich möchte niemand auch nur in unserer Nähe sitzen…

So neigt sich nun eine weitere Etappe der Transalp dem Ende zu. Ein grosses Unterfangen und ein total tolles Projekt des SAC Saas. Komme gerne wieder mit 🙂 war wirklich super. Danke.

Bergführer Gabi Voide und Raphy Imsand
Bericht Francine (Tag 1), Carmen (Tag 2), Tina (Tag 3), Oscar (Tag 4), Jan (Tag 5)
Fotos Alle
Teilnehmer Tina, Diana, Francine, Carmen, Erna, Angela, Dalia, Oscar, Jan