Saisonstart im Tessin

Frühlingsklettern war angesagt, nach dem Wintertraining in der Halle drängt es nach draussen. Neun Anmeldungen waren bei Connie eingetroffen, sie lädt auf ihrer ersten Klettertour „ab an die Wärme“ in die Sonne-Stube ins Tessin ein. Mit der „Stube“ war es dann auch wie versprochen, wir sassen vor allem viel, gerne und lange drinnen an der Wärme (mehr zum Ofen später), die „Sonne“ wurde etwas selten gesehen, dafür gehörte die Stube praktisch dem SAC Saas. Bei so widrigen Verhältnissen waren die einheimischen Cracks durch den Gotthard nach Schattdorf geflohen und es getraute sich niemand sonst nach draussen an den Fels- ausser ein paar seltsamen Gestalten in Neopren. Ja, richtig, ein Dutzend Personen baumelten da in einer 5a, von Kopf bis Fuss in Neopren gepackt, ziemlich verloren an der Platte und beim Sturz in die Tiefe, dann und wann, mit Getöse, half weder Neopren noch ihr eigenartiges Sitzpolster (von den Frauen gnadenlos als „ausgesprochen unesexy“ taxiert). Das Outfit stellte sich aber dann (Gott sei Dank!) nicht als den neuen Klettertrend heraus, die Gruppe war grad mitten in einem Ausbildungstest, das heisst bei den armen Käfern handelte es sich um künftig Cannoying-Guides. Aber sonst war weit und breit niemand sonst beim Klettern, aber jetzt der Reihe nach.

Mit der Klettertour nach Arcegno organisierte Connie Trinkler also ihre erste Klettertour und wer Connie kennt, weiss, dass keine halben Sachen macht und vor allem bei der „Premiere“ alles stimmen muss. Der „Klettergarten der Locarnesi“ liegt idyllisch mitten in einem dichten Kastanienwald, aus dem sich wie zufällig hingeworfen, ein paar Felsen erhaben, mit feingriffigen Wänden aus rauem Gneis. Eine wunderschöne Landschaft mit kleinen Seelein, ein paar Birken, das Dorf ist von blühenden Rhododendren und Kamelien gesäumt. Das einzige was die Kletterstimmung trübt: von den Blättern und Dächern tropfts, es hat die ganze Nacht in Strömen geregnet. Im Osten, Westen, Norden föhnt es und die Sonne scheint, nur im Tessin bleibt es düster und feucht, so haben es die Wetterfrösche bereits voraus gesagt. Aber wen kümmert das, die haben ja die letzten Woche selten richtig getippt und ausserdem ist April und das Wetter kann machen was es will! Die Saaser beweisen sich als Optimisten, verwerfen alle valablen Alternativen von Bocciadromo, Halle in Ambri, Shoppen in Luino oder Locarno (soll einer sagen, Connie hätte sich nicht gut vorbereitet) und nach einem ausgedehnten Begrüssungskaffee tun sich die „blauen Fenstern“ auf von denen Connie etwas beunruhig, die Nacht zuvor, geträumt hatte. Es trocknete ab.

Daniel, Danica, Connie, Konstantin, Klaus, Sarah und Kathrin werfen sich (mehr oder weniger) an die Felsen. Oben starten sie am Settore Gufetto, mit einem herrlichen Blick ins Centovalli und über Ascona, den See in die Magadino-Ebene. Es liegt Schnee bis weit unten. Nach zwei Stunden ist auch ein Teil des Sektors Fiama trocken, hier gibt es viel zu tun, meist begangnen ist „Poveri Diavoli“, von Connie auf Anhieb und von Sarah mit Eleganz gemeistert. Von Daniel hört man nicht viel, er klettert einfach alles still und selbstverständlich. Bis zum Abend trifft sich die Gruppe wieder ganz unten im Sektor Al Stagn, hier habe ich in „Energia Alternativa“ (6b+ ) Konstantin mindestens 3 x gesehen, die 7a „Tanner’s Tree“ 7a nebenan wurde zu Klaus’ Tree. Der Tag war von + gezeichnet. Besonders viele Routen geklettert sind German und Alex, insbesondere in der „Zelindo“ Route zeigten sie sich ausdauernd. Das 69-er Seil reichte fast überall zum Gipfel. Mir steht es nicht zu, als Neumitglied zu kritisieren, aber kann sich bitte jemand darum kümmern, dass unser Präsident ein ausgewachsenes 70-Meter Seil erhält?

Auch an den schönsten Tagen wird es Abend. Connie hat uns ein „eigenes Haus“ organisiert, ein richtige Chalet, das in fünf Minuten Gehdistanz von den Sektoren liegt. Praktischer könnte es nicht sein. Gegen sieben Uhr trudeln alle in der warmen Stube ein, der Holzofen wurde von Alex und German liebevoll eingefeuert. Letzterer liess das Feuer bis zur Abreise nicht mehr ausgehen, ein so fürsorglicher Präsident sucht seinesgleichen! Auch in Gehdistanz liegt das Grotto Lauro, die Küche überzeugt (auch wenn der Wirt Deutschschweizer ist), anstelle einer Karte werden das Menue und Desserts grad auf den Platten gezeigt, Gitzi, Brasato, Polenta, der Tessiner Merlot mundet. Die Nacht in Haus Nansen, so heisst unser Chalet, ist von Schnarchtönen in allen Stimmlagen gezeichnet. Es nieselt am Morgen. Auch nach dem Frühstücksbuffet bei Bar/ Ristorante Zelindo (der Name mit der Route ist reiner Zufall, wer etwas anderes denkt hätte sich trompiert) bleibt es grau in grau. Die Gruppe trennt sich, eine Hälfte fährt nach Croveo an die Sonne, die andere prüft ein Dach bei Someo. Leider hat es auch unter diesen Ueberhang geregnet. Die Gruppe, die nach Norden fährt, wird ennet dem Gotthard vom Klimaschock fast erschlagen, lungert noch müde kurz am Chämiloch in Schwyz herum und plant die nächsten Klettereien: Gardasee, Denti, Gastlosen, Bramois. Der Schreibenden bleibt zu danken, Connie für die gelungene Organisation und dem SAC Saas für die freundliche Aufnahme. Bei Euch ist man in bester Gesellschaft, ich freue mich auf weitere Touren und komme sehr gerne wieder mit!

Kathrin Schmid (Neumitglied 398, Zürich)

Tourenleiter Connie Trinkler
Bericht Kathrin Schmid
Fotos Klaus Burgener
Teilnehmer German 1, Alex, Daniel, Danica, Sarah, Klaus,
Konstantin, Kathrin, Connie