Der schönste Weg von der Plaza Argentina zur Plaza de Mulas

 

Der Cerro Aconcagua zwischen Santiago de Chile und dem argentinischen Mendoza ist mit 6963 Metern der höchste Berg des amerikanischen Kontinents. Zum ersten Mal bestiegen wurde er am 14. Januar 1897 durch Matthias Zurbriggen aus Saas-Fee/ VS. Der Berg ist wegen seiner Lage beim Äquator und des atmosphärischen Drucks – am Gipfel noch 40 Prozent im Vergleich zur Meereshöhe – von der körperlichen Kondition her vergleichbar mit einem niedrigen 8000er. Auf den Gipfel führen mehr als 30 Routen. Wir versuchten uns an der 360° Aconcagua-Route.

Gestartet ist unsere Gruppe in der Weinstadt Mendoza, im Osten des Landes. Mit dem Bus fuhren wir nach Punta de Vacas, einem kleinen Ort am Paso de la Cumbre, dem Pass zwischen Argentinien und Chile. Drei Tagesmärsche dauerte es von dort, entlang dem Rio de las Vacas und dem Relincho Canyon, bis ins Basecamp Plaza Argentina, auf 4200 Metern über Meer.

Die Expeditionsausrüstung haben wir auf Maultiere verladen; vom Zelt über Essen bis zum Bergsteigergepäck. Mit einem leichten Rucksack am Rücken gings stetig bergauf – fast sieben Stunden täglich. Im Basecamp Plaza Argentina stand Akklimatisation auf dem Programm. Jeder Bergsteiger muss vom Basecamp-Arzt für gesund eingestuft werden, um offiziell den Versuch der Besteigung des 6963 Meter hohen Aconcagua zu wagen.

Vom Basecamp aus stiegen wir über eine Geröllhalde ins Hoch-Lager 1 auf. Danach ging’s weiter steil bergauf ins Lager 2 – Guanacos und dann zur Cholera, das letzte Camp vor dem Gipfeltag auf 6000 Metern über Meer. Die Nacht vor dem Gipfelsturm war kurz: Das Zelt war tiefgefroren. Alle warmen Kleidungsstücke, Schuhe und Thermoskannen im Schlafsack eingepackt!

Die 11 Stirnlampen bewegen sich langsam den Berg hoch, durch die Nacht, langsam in den Tag hinein, Schritt für Schritt. Während dem die Venus im Morgenlicht langsam verblasst, drückt die Sonne den neuen Tag über uns und den Aconcagua.

Der Schnee wird härter, die Steigeisen werden angezogen. Schwerarbeit auf dieser Höhe. Dann geht es Schritt für Schritt weiter, langsam, zwei Stunden lang bis zur ersten kurzen Pause. Eine längere folgt dann nach drei Stunden auf 6’300 Metern. Jetzt noch ein Steilhang, dann folgt die Zielgerade zum letzten Stopp vor dem letzten Aufstieg. Nicht steil ist der Weg, aber lang, windend, steigend, weit über dem Meeresspiegel. Ein teilweise eisiger Weg in einem steilen Hang. Eine potentiell mehr als 2’000 m lange Rutschpartie bis zum Base Camp Plaza de Mulas hinunter. Wir bleiben auf dem Weg. Steigen langsam höher und höher. Schritt um Schritt. Alle fünf Minuten folgt eine minütige Pause. Nach 7,5 Stunden erreichen wir den überhängenden Felsen auf 6’700 m, die letzte Raststätte vor dem Gipfelaufstieg.

Die Sonne wird langsam von Wolken verdeckt, Schneeflocken tanzen. Je länger je mehr und je länger je wilder. Nach so viel Wetterglück, lassen wir uns nicht ablenken, nisten uns zwischen den Gesteinen ein, versuchen uns zu entspannen, zu stärken. Nach einer halben Stunde beginnt der Gipfelaufstieg.

Es warten die letzten 400 Höhenmeter: Die gefürchtete Canaletta, ein sehr steiler Geröllhang, der schon manchem am Aconcagua zum unüberwindbaren Hindernis wurde. Schneebedeckt und gefroren bietet sich die Canaletta beim Gehen mit den Steigeisen geradezu gütig an.

Die Uhr zeigt halb vier Uhr nachmittags an, als wir auf dem Dach von Amerika vor dem Gipfelkreuz knieend die Walliserhymne singen.

Astrid

Tourenleiter Beat Burgener, Dominic Anthamatten
Bericht Astrid Kuonen
Tagebuch Felix Naef
Fotos/Video Astrid Kuonen, Dominic Anthamatten
Teilnehmer Beat Burgener, Felix Naef, Astrid Kuonen, Hilda Kalbermatten, Konstantin Zurbriggen, Toni Sarbach, Erna Sarbach, Hans-Peter Som, Dominic Anthamatten

 

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