Der Frust eines Wintertourenleiters
Manchmal stehen Aufwand und Ertrag in einem krassen Missverhältnis zueinander. Der Zeitaufwand für die Vorbereitung unserer ersten offiziellen Tour ist denn auch deutlich höher ausgefallen als jener für die Tour selbst.
Im Winter hat man es nämlich mit zahlreichen ernsthaften Gegnern gleichzeitig zu tun. Da spielt – wie auch im Sommer – natürlich das Wetter eine massgebende Rolle.
Aber was nützt das schönste Wetter, wenn nicht ausreichend Schnee liegt, oder Schnee welcher, seiner Beschaffenheit wegen, kaum fahrbar ist, Bruchharsch, totaler „Pflotsch“ usw. lassen grüssen. Sollten aber sowohl das Wetter als auch die Schneeverhältnisse akzeptabel sein, gibt es immer noch einen gewaltigen Spielverderber, nämlich die Lawinengefahr. Dieser perfide und heimtückische Bösewicht hat schon manchen Skitouristen das Leben gekostet.
Bei unserer Skitour am letzten Samstag, hatte ich es gleich mit allen drei dieser Gesellen zu tun. In den Waadtländer Alpen, unserem ursprünglichen Ziel, ist der Schnee in den letzten Tagen gänzlich dem Fön zum Opfer gefallen. Das gilt auch für die tieferen Lagen der gesamten Alpensüdseite (Simplongebiet etc.) Die Gotthardregion (Grossraum Andermatt) ist zwar bereits reichlich mit der weissen Pracht ausgestattet, aber hier war – wie in der ganzen Alpennordseite – schlechtes Wetter angesagt. Wollte man etwas unternehmen musste man also in höhere Regionen der Walliser Alpen ausweichen. In diesen herrschte jedoch wieder eine nicht zu unterschätzende Schneebrettgefahr. Was tun? Absagen wäre natürlich die einfachste und billigste Lösung.
Ich hänge mich also ans Telefon, steige ins Internet ein, lasse meine Beziehungen spielen, beauftrage Alex und Brigitte mit Abklärungen, welche sich ihrerseits wieder mit ihnen bekannten Personen in der Region in Verbindung setzen, telefoniere mit dem Chef Lawinendienst Saas, surfe im ganzen Alpenraum herum etc. etc. Nach knapp 3 Stunden hin und her habe ich mich endlich entschieden und war überzeugt, eine gute Lösung parat zu haben.
Doch welche Enttäuschung am Samstagmorgen in Saas-Fee: Die Metro Alpin fährt nicht. Mein schöner Plan fällt mit einem Schlag ins Wasser. Mir tun meine Kameraden, die sich früh morgens aus dem Bett gequält und den Weg ins Gletscherdorf unter die „Räder“ genommen haben, leid. Welch ein Frust…
Doch die wackere SAC-Schar lässt sich nicht entmutigen. Wir entschliessen uns zu einer Trainingstour nach Plattjen. Die Teilnehmer glänzen ausnahmslos mit viel Humor und einer sagenhaft guten Laune. Diese widersteht sogar der grimmigen Kälte und der unangenehm ruppigen Abfahrt zurück ins Tal. Diesen Teilnehmern ist es zu verdanken, dass ich, ihr Tourenleiter, nicht vollends dem Frust erlegen bin. Sie haben den Tag gerettet. Dafür möchte ich jedem einzelnen von ihnen danken. So macht’s – allen widrigen Umständen zum Trotz – immer noch Spass!
Nochmals Dank an alle und bis zum nächsten Mal.
André Zurbriggen, Saas-Grund