Die Bise zeigte uns die Grenzen

Ist bei einer Hochtour das Ziel auf dem Gipfel gewesen zu sein? Auf dem Abstieg vom Nadelhorn haben wir diese Frage breit diskutiert. Ja genau, es lässt sich erahnen. Wir waren nicht ganz oben. Das heisst aber noch lange nicht, dass wir unser Ziel nicht erreicht, das Wochenende nicht genossen oder gar versagt haben. Dies ist also nicht eine Dokumentation einer Niederlage, sondern ein Bericht über einen Erfolg.

Als erste Gemeinschafts-Tour vom CeviAlpin und dem SAC Saas, starten wir unser Wochenende in Saas Fee und blicken motiviert die steile felsige Bergflanke zur Mischabelhütte hoch. Kaum zu glauben, dass da ein Weg hochführt. Genau diesen nehmen wir aber in Angriff. In angeregten Gesprächen, in denen die Leben hinter den unbekannten Gesichtern der neuen Bergkameraden erforscht werden, verstreichen die Höhenmeter fast von alleine. So erreichen wir schon bald den Neuschnee, der in den letzten Stunden gefallen ist; ja es ist erst Anfang September. Im Wissen, dass uns am nächsten Tag geniale Wetterbedingungen erwarten werden, bereiten uns die 20 cm Weiss keine grossen Sorgen. Tapfer stapfen wir, manchmal eher klettern wir, der Hütte entgegen, die wir dann schon bald erreichen.

Nadelhorn (17)

Um ideal auf die grosse Tour vorbereitet zu sein, legen wir uns schon früh ins Massenlager. So fühlen sich also die Sardinen in der Konservendose… 03:20 klingelt der erste Wecker und nach einer umfangreichen Stärkung versammeln wir uns als Gruppe vor der Hütte. Der Blick auf das Thermometer bestätigt das Gefühl der kalten Morgenluft. Es zeigt -10°C an. Zu diesem Zeitpunkt denkt aber niemand, dass wir uns an dieser Kälte noch die Zähne ausbeissen werden. Wenn man läuft hat man ja sowieso warm, denken alle. In Form einer bewegenden Lichterkette, Stirnlampe an Stirnlampe, steigen wir flott den steilen Grat aufs Schwarzhorn hinauf.

Nadelhorn (18.6)

Nadelhorn (22)

Nadelhorn (31)Ohne zu merken haben wir also unseren ersten Gipfel erreicht. Der war aber sicher nicht unser Ziel. So überschreiten wir als Tatzelwurm die Ebene des Hohbalmgletschers und erreichen das Windjoch, das heute seinem Namen wirklich alle Ehre macht. Mit geschätzten 80 km/h pfeift der Wind uns um die Ohren. Langsam merken wir, dass die Kälte unseren Gliedern ernsthaft Schaden zuführen könnte. Mit gesenkten Köpfen, eine Hand schützend vor dem Gesicht haltend, die andere am Eispickel, stapfen wir Schritt für Schritt auf dem stürmischen Grat Richtung Gipfel. Knapp 300 hm später, der Höhenmesser zeigt 4100 m ü. M., das Thermometer bestimmt nicht mehr als -20°C, beschliessen wir den Abstieg den möglichen Erfrierungen vorzuziehen und kehren dem Gipfel des Nadelhorns den Rücken zu. Hinsichtlich der Witterungsbedingungen und dem Wissen, dass die Berge nicht davonlaufen, hält sich die Enttäuschung betreffend dem verpassten Gipfel in Grenzen.

Nadelhorn (48)

Als Bergsteiger sind wir uns einig: Es ist nicht das oberste Ziel einer Bergtour den Gipfel zu erreichen. Klar wäre es schön ganz oben zu stehen. Aber die Schöpfung zu geniessen, wohl behütet im Tal anzukommen und die Möglichkeit zu haben einen nächsten Nadelhorn-Versuch starten zu können, ist viel mehr Wert. Dieses Ziel haben wir definitiv erreicht und dafür sind wir von Herzen dankbar.

Leitung Dominic Anthamatten & David Farner
Bericht Matthias Vogler
Fotos Jacqueline, Dominic
Teilnehmer SAC Saas: Dominic, Miroslav, Emanuel, Vedrana

CEVI Alpin: David, Gregor, Jacqueline, Lukas, Matthias, Julian, Felix, Martin, Evelyne, Karin