Einzigartige Landschaft, Schotter, Geröll, Firn…

Schwierigkeit WS, II+
Zeitbedarf 10 – 12 h
Aufstieg 1300 hm
Abstieg 1600 hm
Strecke Weissmieshütte – Fletschhorn – Laggin – Weissmieshütte – Kreuzboden

Als neues SAC Mitglied der Sektion Saas habe ich die Ehre einen Tourenbericht zu schreiben. Seit 36 Jahren lebte ich auf deutschen Boden in einer Höhe zwischen 20 und 100 m ü M und träumte davon, hohe Berge zu besteigen. Nun im August dieses Jahres bin ich ins schöne Wallis gezogen.

Es gibt so unglaublich viele hohe Berge hier und ich kann sie sehen jeden Tag von meinem neuen Arbeitsplatz, von meinem Zimmer und sonst wo.

cfletschhorn_laggin (4.6)

Riesig gefreut habe ich mich als ich kurzfristig noch einen Platz für die Hochtour zum Fletschhorn mit Überschreitung zum Lagginhorn bekam. Stolz war ich, als ich 2 Tage später meinen SAC Ausweis bekam. So konnte es losgehen. Fehlendes Material konnte ich von Michael, dem Tourenleiter ausleihen.

Aufgeregt und voller Vorfreude ging es am Samstag los. Unsere Gruppe bestand aus 9 Teilnehmern. Wir trafen uns 14 Uhr an der Seilbahn in Saas Grund. Es war wieder einmal sehr heiss und ich konnte es kaum erwarten in die Höhe zu kommen. Hinauf ging es mit der Bahn zur Bergstation Kreuzboden. Nach einem gemütlichen Aufstieg von 50 min erreichten wir die Weissmieshütte. Fasziniert vom atemberaubenden Anblick der weissen Riesen, haben wir den Nachmittag gemütlich bei herrlichem Sonnenschein und kühlen Getränken verbracht. Nach der Tourenbesprechung ging es auch so langsam dem Abend entgegen. Ein leckeres Essen, was mich etwas an Weihnachten erinnerte, wurde uns serviert. Einen wunderschönen Sonnenuntergang von der Couch draussen auf der Terrasse hat das beste Fernsehprogramm ersetzt.

Gegen 22 Uhr lagen wir alle in unserem Zimmer. Ruhig war es und wenn ich nicht so aufgeregt gewesen wäre, hätte ich sicher auch mehr geschlafen. Gegen halb 4 ging das Licht an, 3 Uhr 50 Frühstück. Ich dachte Mist, ich hätte eher aufstehen sollen. Irgendwie habe ich nicht mitbekommen, wann wir losgehen wollten. Das war nämlich schon 4 Uhr 20.

Meine Befürchtungen haben sich bestätigt. Das Bad war voll. Ich hatte Mühe meine Kontaktlinsen aufzusetzen. Dann noch überflüssiges Gepäck aus dem Rucksack gepackt. Schon war es 4 Uhr 15 und ich hatte noch nichts gegessen. Drei Löffel Müsli und 2 Gläser O Saft waren mein Frühstück.

OK 6 Stunden ohne Essen schaffe ich gewöhnlich 🙂 dachte ich… Im Schein unserer Stirnlampen ging es aufwärts und ich war beeindruckt wie stellenweise das Gestein gold- und silberfarben schimmerte. Die Sonne ging auf und es erstrahlten im Westen die Gipfel der Mischabelgruppe.

Wow!!! was für ein Anblick und ich dachte an meine Bekannten und Freunde aus dem Rheinland, die so was wohl nie in Wirklichkeit sehen werden. Wir teilten uns in Gruppen und gingen weiter in Dreier Seilschaften. Seilführer Matteo mit Geraldine und David, Seilführer Claudio mit Mir und Silvan und Tourenleiter Michael mit Carolin und Sebastien.

Claudio, ein angenehmer, ruhiger und erfahrener Bergsteiger hat sehr auf Sicherheit gesetzt. Angst hatte ich zu keiner Zeit. Dennoch kam bei mir, denke so in einer Höhe von 3500 m, Schwäche auf. Sei es der Schlafmangel, das wenige Essen, die Höhe. Es folgte eine wirklich anstrengende Phase, die mich fast ans Aufgeben hat denken lassen. Ich verlor 2 Mal mein Steigeisen. Der mühsame, für mich sehr steile Weg über den Gletscher nahm kein Ende. Ich sah die Seilschaft mit Matteo viel weiter vor uns und ich dachte, wieso sind die so schnell. Ich kämpfte immer mehr gegen die Erschöpfung. Es war schlimmer als ein Marathon. Jeder kleine Schritt hat mich aus der Puste gebracht, meinem Körper fehlte jegliche Energie. Silvan gab mir seinen letzten Energie Gel. Mir ging es etwas besser.Als ich das Gipfelkreuz des Fletschhorns endlich sah, kamen mir die Tränen vor Freude. Ich war plötzlich so glücklich und dankte meiner Seilschaft. Wir gratulierten uns gegenseitig. Ich stand nun auf 3993 m ü M. So hoch bin ich noch nie mit meinen Füßen gegangen.

Nach kurzer Rast ging es bergab. In dieser Phase konnte ich mich etwas erholen und auch wieder die wunderbare Landschaft wahrnehmen. Doch da wartete unsere nächste Herausforderung. Das Lagginhorn. Die luftige Kletterei im tollen Fels hätte ich sehr genossen, wäre ich nicht so erschöpft gewesen.

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Erst gegen 14 Uhr erreichten wir den Gipfel. Da war es nun soweit. Mein erster 4000er!!! Ein unbeschreibliches Gefühl. Eng und sehr windig war es. Wolken zogen auf. Wir wussten, dass das Wetter zum späten Nachmittag schlechter wird. Ich wäre trotzdem gern noch geblieben. Aber wir waren sehr spät.

Ein sehr langer mühsamer Abstieg folgte. Zuerst Geröll, dann Blockfeld, weicher Schnee abrutschen und schliesslich sprangen wir auch noch über Gletscherspalten. Claudio fütterte mich mit Marzipan und ich glaube, ich habe noch nie so leckeres Marzipan gegessen. Erst gegen halb 6 waren wir zurück an der Weissmieshütte. D. h. wir waren über 12 Stunden unterwegs. Und nun?

Über 1200 Höhenmeter waren es ja trotzdem noch bis zum Auto. Die Seilbahn fuhr nicht mehr und ich dachte nur, morgen habe ich Frühdienst 🙁 Gott sei Dank hat uns Michael mit seinem Auto abgeholt. 21 Uhr war ich endlich zu Hause. Erst den nächsten Tag konnte ich zurückblicken und realisieren, was ich für eine großartige Tour gemacht habe. So vielfältig: einzigartige Landschaft, Schotter, Geröll, Firn, Gletscher, Klettern am luftigen Fels. Auch wenn mich diese Tour als Einsteigerin an meine Grenzen gebracht hat, denke ich gut 12 Stunden später: Ich will wieder – Da oben bin ich glücklich!!!

Vielen Dank – Susanne Bujok

Tourenleiterin Michael Steiner
Seilführerin Matteo und Claudio
Bericht Susann Bujok
Fotos Diana und Connie
Teilnehmer Claudio, Matteo, David, Sebastien, Carolin, Silvan, Susanne, Michael, Geraldine